Moro’sche Karottensuppe

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Das Wundermittel bei Durchfall und Übelkeit.

Ein altes und weit bekanntes Hausrezept, das von Generation zu Generation weitergegeben wird. Welches Thema würde sich besser für meinen ersten BLOG-Beitrag eigenen, wenn nicht dieses?

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Der witzig klingende Name kommt vom Erfinder der Suppe Herrn Prof. Ernst Moro.

Prof. Moro war Anfang des 20. Jahrhunderts ein in Deutschland tätiger Kinderarzt, stammte aber ursprünglich aus Österreich. Durch seine Suppe konnte er die Sterberate von Kleinkindern mit Durchfall drastisch senken.  Ein Durchbruch der Medizin mit nur ein paar Karotten, Wasser und Salz. So einfach und doch effektiv. Das alles geschah natürlich lange bevor man Antibiotika und Antidiarrhoika für die breite Masse einsetzen konnte bzw. kannte.

Bildquelle: Wikipedia

Heute erinnert man sich auch in der Medizin wieder an alte Hausmittel, nachdem klar geworden ist, dass man nicht jeden Keim sofort mit einem Breitbandantibiotikum behandeln muss. Hauptsächlich wird sie heutzutage jedoch in der Veterinärmedizin eingesetzt und nicht mehr im Humanbereich.

Im Grunde genommen war die Sterblichkeit in Zeiten von Prof. Moro so hoch, weil die Kinder Wasser und Mineralstoffe zu schnell und in zu großen Mengen verloren haben. Die Suppe hilft einerseits dabei den Wasser- und Elektrolythaushalt wieder zu stabilisieren und kann pathogene (also schlechte) Keime binden und deren ungebremste Vermehrung stoppen.

Es hat übrigens fast 100 Jahre gedauert, bis Wissenschaftler wussten WIESO die Suppe denn eigentlich funktioniert. 2000 hat ein Forscherteam bestehend aus deutschen und österreichischen Ärzten sowie Pharmakologen die Forschungsergebnisse nach insgesamt 20 Jahren Forschung veröffentlicht.

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Zu erst muss man verstehen wie Durchfall entsteht:

Diarrhoe entsteht durch eine Überzahl von pathogenen Bakterien und/oder Viren.

Eine gewisse Zahl an pathogenen Bakterien/Viren im Darm ist normal und gehört zu einer ausgeglichenen Darmflora dazu.

Typische krank machende Bakterien wären unter anderem Coli-Bakterien, Salmonellen oder Rotaviren. Wenn diese den Darm besiedeln und bestimmte Giftstoffe (Toxine) freisetzen kommt es zu Durchfall. Voraussetzung ist, dass sich der Erreger zuvor an das Organ anheftet. E-Coli Bakterien sind absolut harmlos, wenn sie nicht an der Darmwand anhaften können.

Um sich festsetzen zu können verwenden diese Bakterien unter anderem Kohlehydrate. Sobald es sich die Bakterien gemütlich gemacht haben, beginnen sie damit ihre Toxine zu verteilen. Keimbelasteter Durchfall hat auch einen ganz bestimmten fauligen Geruch.

In diesem Fall schwingen die meisten TierärztInnen die Breitbandantibiotika-Keule. Leider ist dies nicht zielführend. Natürlich verschafft es augenscheinlich im ersten Moment Erleichterung und der Durchfall hört erstmal auf. Das Problem hierbei ist nicht per se das Antibiotikum, wenn es zielgerichtet auf den krankmachenden Keim ausgewählt wurde, sondern eher das Breitbandantibiotikum, dass auf fast alle Keime abtötend wirkt. Der Darm benötigt jedoch bestimmte Keime um funktionieren zu können. Wenn man mit dem Antibiotikum eine Vielzahl der (guten) Keime im Darm mitabtötet, kommt es zu einem Ungleichgewicht und es wird wieder mehr Platz für pathogene Keime geschaffen. Ein Teufelskreis beginnt.

Wie kann man nun mit Karottensuppe diese Anhaftung am Darm verhindern? Man kann die Keime sozusagen austricksen. Durch die lange Kochzeit der Suppe entstehen saure Oligogalakturonide, die an den Rezeptoren (GAL-1-4-Gal-Rezeptor) des Darmepithels andocken und somit den Platz, an welchem die pathogenen Keime anheften würden, blockieren. Weiter docken die pathogene Darmkeime an den Oligosacchariden an, weil diese dem Darmepithel ähneln und werden dann ausgeschieden. Hochtrabend wird dieser Prozess auch „Oligosaccharid-vermittelte Hemmung der Adhäsion von pathogenen Escherichia coli-Stämmen an Darmepithelzellen“ genannt.

 Also einerseits wird durch die Suppe die Andockstelle im Darm blockiert und andererseits bietet sie den Keimen eine andere Andockstelle welche ausgeschieden wird.

Die Oligosaccharide können allerdings nur wirken wenn sie die Darmwand völlig beschichten. Daher ist es ratsam, die Suppe VOR der Mahlzeit zu geben.  An der Dünndarmwand warten nämlich die Keime und eventuell auch Parasiten wie Giardien auf den Nahrungsbrei. Nur wenn vor jeder 'normalen' Hauptmahlzeit eine Darmbeschichtung mit Moro erfolgt, finden diese an der Darmwand keinen Halt mehr. Nach dem Prinzip „Weggegangen, Platz gefangen“. Die ideale Fütterungszeit liegt bei 30 Minuten vor dem eigentlichen Futter.

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Das Grundrezept für die Moro‘sche Suppe:

  • 1kg Karotten

  • 2 Liter Wasser

  • 6gr Salz

 Die Enden der Karotten abschneiden, schälen (Biokarotten müssen nicht geschält werden, es reicht, wenn sie abgewaschen werden) und klein schneiden. Danach mit 2 Liter Wasser übergießen und einmal ordentlich aufkochen lassen. Nach dem Aufkochen die Karotten für mindestens 90 Minuten, noch besser jedoch für 2,5 Stunden leicht köcheln lassen. Währenddessen immer wieder kontrollieren ob noch genug Wasser im Topf ist. Frisches Wasser darf nachgegossen werden.

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Wenn die Suppe fertig ist, das Wasser NICHT wegschütten, sondern die Karotten mit dem Wasser pürieren. Die Konsistenz sollte Buttermilch bzw. Cremesuppe ähneln wie ihr auf dem Bild erkennen könnt.

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Die fertige Suppe wird zimmerwarm verfüttert. Sie kann auch eingekocht (gerext) oder eingefroren werden. Im Sommer freut sich so mancher Hund über ein leckeres Moro“eis“.

 

Wichtiger Hinweis:  Wenn euer Tier schon Fieber hat und schwer krank ist, kann die Suppe nur unterstützend gegeben werden. Das Tier muss bitte zum Tierarzt. Hausmittel sind immer dann gut, wenn noch keine schwere Erkrankung vorliegt, als Unterstützung während einer Medikamententherapie und in der Genesungsphase.

Quelle:

YRhoades, Jonathan & Manderson, K & Wells, A & Hotchkiss, Arland & Gibson, G & Formentin, Kitty & Beer, M & Rastall, R.: Oligosaccharide-Mediated Inhibition of the Adhesion of Pathogenic Escherichia coli Strains to Human Gut Epithelial Cells In Vitro.. In: Journal of Food Protection. 71, 2008, S. 2272–2277. doi:10.4315/0362-028X-71.11.2272